Wir, die Werbeagentur HELDENSTREICH, haben Jörn Sandtvos, den Pflegedirektor des AKH
Celle interviewt. Thema: Der neu eingeführte Springer-Pool, den die Unternehmensberatung Noteboom & Van der Meulen (NvdM) im Laufe eines Jahres in der Klinik aufbaute. Im Interview sprechen wir über den Projektverlauf, die Herausforderungen und natürlich über den Erfolg.

Februar, 2023

Das Problem

zu wenige Pflegekräfte, zu hohe Krankheitsquoten, zu viel Fluktuation, ein kräftezehrendes Ausfallmanagement. Das alles führt zu instabilen Dienstplänen.

 

Die Lösung

Eine systemische Flexibilisierung, die mit einem funktionierenden Ausfallmanagement die Dienstpläne stabilisiert. Das ist das Frei-ist-frei Konzept.

 

Wie?

Durch Finden und Binden von mehr Pflegepersonal. Unterstützt durch eine zielgruppen-orientierte Arbeitsmarktkommunikation. Mehr als 100 Pflegekräfte werden gebraucht.

 

Projektbeginn: Mai 2021

Live-Gang Arbeitsmarkt-Kampagne: Februar 2022

Ende der Echtbetriebsbegleitung: November 2022

 

Der Erfolg

25,5 neue Vollzeitkräfte für das Flexteam (inklusive Trainees) eingestellt. Weitere 7 Vollzeitkräfte für die Stammteams auf den Stationen. Insgesamt 55 Personen innerhalb von 10 Monaten.

 

 

Herr Sandtvos, vielen Dank, dass Sie sich zu diesem Interview bereiterklären. Kurz vorab: Würden Sie in einfachen Worten erklären, was Flexteam überhaupt bedeutet?

Die Bewerber geben vor, wann und wie viel sie arbeiten wollen – von „Montag, Mittwoch, Freitag“ über „nur Nachtschicht“ bis „fünfmal die Woche von 8 bis 14 Uhr“ ist alles möglich. Sie werden Teil eines Flexteams und auf wechselnden Stationen eingesetzt – immer da, wo gerade Bedarf ist.

 

Wie war die Zusammenarbeit mit Frei ist frei?

Absolut stringent. Alles war durchstrukturiert – mit Arbeitspaketen. Zwischen den Beratungsterminen am Krankenhausstandort haben wir immer wieder Aufgaben bekommen. Vom Vereinheitlichen vieler Prozesse auf den Stationen über das Neu-Strukturieren unserer Website bis hin zur Integration unseres neuen Recruiting Centers in unsere Organisation. Das Ganze mit konsequenter Begleitung durch die Frei-ist-frei Berater. Es war ein durchdachtes und gleichzeitig an uns angepasstes Drehbuch, das auf Basis jahrelanger Feldkompetenz entstanden ist.

 

 

Was waren die Herausforderungen?

 Ein solches Projekt läuft natürlich nicht nebenbei, es bindet Ressourcen. Wir mussten uns also überlegen: Wer kann was leisten? Und wann? Abgesehen davon, dass viele der Aufgaben für uns inhaltlich neu waren. Unerlässlich war in diesem Prozess, dass wir eine interne Projektleiterin hatten, die immer wieder nachgehalten hat. Die allen ständig auf den Füßen gestanden hat. Nur so konnten wir die ambitionierten Zeitpläne von Frei-ist-frei einhalten.

 

Sie hatten vor Frei-ist-frei bereits einen Springerpool. Was war jetzt neu?

Wir dachten früher, dass der einzelne Mitarbeiter eine hohe Flexibilität haben muss. Und wir haben viel zu klein gedacht. Der Pool wird dadurch flexibel, dass er genügend Mitarbeitende hat. Nur über die große Zahl der Flexteam-Kolleginnen und Kollegen – und wir reden hier von über 100 plus Mitarbeitenden - wird die Flexibilität systemisch möglich.

Neu für uns war auch die Art und Weise der Recruiting-Kommunikation nach außen. Natürlich haben wir vorher auch schon Social Media genutzt. Jetzt kamen zielgruppen-orientierte Botschaften hinzu, deren Wirkung ständig beobachtet und gesteuert werden. Damit sind wir sehr erfolgreich.  

 

Sie sagten, Noteboom & van der Meulen – das sind keine typischen Berater. Wie meinen Sie das?

 Von Beratern waren wir gewöhnt, dass sie beraten, wie der Name schon sagt, sich aber ansonsten zurückhalten. Ganz anders unsere Ansprechpartner von NvdM: Zum Teil haben wir heftig miteinander gerungen. Auf der einen Seite Loran Noteboom und Frank Eggert von NvdM, auf der anderen Seite wir, mit unseren internen Zwängen und – ja – auch Gewohnheiten.

Zum Beispiel war für Frei-ist-frei wichtig, dass das Flexteam ein eigenes Flex- und Recruitingbüro hat und dieses autark arbeitet, damit die Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht im Alltag wieder Stück für Stück und unmerklich zurückgefahren wird. Ich dagegen wollte eine starke Anbindung an die Pflegedirektion. Da mussten wir einen Konsens finden.

 

Was ist der Unterschied zur Zeitarbeit, die ja im Krankenhaus eher unbeliebt ist?

 Die Zeitarbeits-Kolleginnen und -kollegen kommen, machen ihr Ding und gehen wieder. Sie sind in der Regel schlecht in die Stationen integriert; so entsteht viel Reibungsverlust und Unzufriedenheit in den Stammteams auf den Stationen. Im Rahmen des Flexteam-Projekts haben wir hier gegengesteuert und eine Willkommenskultur für die Mitarbeitenden des Flexteams entwickelt; diese sind eigene festangestellte Mitarbeiter.

Zum Beispiel werden sie auf ihren Stationen immer erst mal gründlich eingearbeitet und haben pro Station möglichst immer die gleichen Ansprechpartner. Und nicht zuletzt haben wir die Prozesse auf den Stationen soweit es ging vereinheitlicht. Die Flex-Kollegen sollten nicht auf jeder Station eine neue Welt vorfinden. Das beginnt bei wichtigen Themen wie einem einheitlichen Einarbeitungskonzept bis hin zu: In welchem Schrank finde ich was?

 

Welchen Rat würden Sie Pflegedirektorinnen und -direktoren geben, die sich ins Abenteuer der Flexibilisierung stürzen möchten?

 Ich würde ihnen empfehlen, sich im Vorhinein sehr gut zu den Organisationsstrukturen und kulturellen Veränderung beraten zu lassen, die die Einführung und das Management eines so großen Flexteams mit sich bringt. Denn dieses aufzubauen, erfordert ein Umdenken bei allen Beteiligten – und es sind viele: Unternehmenskommunikation, Personalabteilung, Betriebsrat, Stationsleitungen, die Pflegekräfte selbst und nicht zuletzt der Vorstand.

 

Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Absolut. Ich würde das Projekt wieder durchführen, wenn ich es nochmal entscheiden müsste.

 

Herr Sandtvos, vielen Dank für diese Einblicke.

 

 


Quelle: Frei ist Frei