Fivoor ist spezialisiert auf die psychiatrische Versorgung von Patienten mit forensischer Indikation und von Patienten, die aufgrund eines hochintensiven Pflegebedarfs eine besondere Behandlung benötigen. Das Versorgungsangebot besteht aus mehreren psychiatrischen Kliniken und ambulanten Zentren im Süden und Westen der Niederlande, und erstreckt sich auf die Provinzen Nord-Holland, Süd-Holland, Nord-Brabant und Utrecht. Um Stabilität und Planbarkeit in die Dienstpläne zu bringen, wurde Fivoor Flex & More ins Leben gerufen - ein internes Flexpool-Projekt mit Blick auf die Menschen im Dienstplan und mehr Möglichkeiten für die Mitarbeitenden, Einfluss auf ihre Arbeitszeiten zu nehmen.

Dezember, 2022

 

Der Personalleiter Pieter de Man und die Projektleiterin für Flexibilität und Dienstplanung, Dara Tukker, erläutern, warum sie sich für einen Flexpool entschieden haben, wie sich das Projekt nun entwickelt, und welche Ergebnisse bereits erzielt wurden.

Pieter: „Wir haben 1800 Mitarbeiter in Kliniken, in denen auch 24-Stunden-Schichten gearbeitet werden. Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt führte zu instabilen Dienstplänen, Personalausfällen, unbesetzten Stellen und großem Druck auf die Teams. In der Vergangenheit haben wir vor allem versucht, dies mit Zeitarbeitskräften zu bewältigen. Das ist eine teure Angelegenheit, und es sind dann auch nicht unsere eigenen Leute. Bei Fivoor stellen wir hohe Anforderungen an unsere Mitarbeiter. Die Psychiatrie ist eine eigene Welt mit großen Sicherheitsrisiken. Wir brauchen also Mitarbeiter, die wissen, welche Abläufe und Regeln hier herrschen und welches Verhalten adäquat ist.“

Dara: „Außerdem wird von den Patientengruppen seit Jahren darauf hingewiesen, dass sie große Probleme mit ständig wechselnden Gesichtern haben. Die Patienten haben in ihrem Leben mit etwa 54 Pflegekräften zu tun. Wenn wir das zumindest auf eine feste Gruppe reduzieren können, ist der Flexpool auch im Interesse des Patienten.“

 

Internes Commitment: Es muss sich jetzt etwas ändern

Pieter: „Jeder hat gesehen, dass es nicht mehr möglich war, die Dienstpläne ordentlich zu erstellen. Im letzten Sommer war es an einigen Standorten sehr angespannt, vor allem in Bezug auf das Sicherheitsgefühl und die Gestaltung der Tagesprogramme. Im Gesundheitswesen wird in der kommenden Zeit alles nur noch knapper werden. Es war also allen klar: Es muss jetzt etwas geschehen. Als die Idee für einen Flexpool geboren wurde, veranstalteten wir einen Inspirations-Workshop mit allen Vorstandsmitgliedern und vielen Teamleitern. Gemeinsam mit den Experten von BvFO wurde die Idee auf den Weg gebracht. Es gab sehr schnell das Commitment: Wir machen uns damit an die Arbeit! Dann ist natürlich die nächste Frage: Wie wollen wir es machen, wie wollen wir es planen?“

Der Prozess: eine starke Co-Produktion

Pieter: „Vor fünfzehn Jahren habe ich mit Loran Noteboom von BvFO ein ähnliches Projekt in einer Altenpflegeeinrichtung durchgeführt. Ich wusste: Er kann das, und hat eine Menge Fachwissen, also werde ich das mit ihm angehen. Da dieses Thema so tief in die Organisation hineinreicht, war es für mich eine Voraussetzung, dies gemeinsam mit der Linienorganisation zu tun. Daher mussten die Projektorganisation und der Projektansatz in Zusammenarbeit mit den Führungskräften, den Teamleitern und den Mitarbeitern entwickelt werden. Wir baten Dara, die damals als Teamleiterin in der Abteilung Maßregelvollzug arbeitete, die Projektleitung von Seite Fivoor zu übernehmen.“

Dara: „Ich wurde mit unserer Corporate Recruiterin Marianne Bouman zusammengebracht, um dies intern gemeinsam zu gestalten. Ich kenne die inhaltliche Arbeit sehr gut und sie die Organisation. Wir haben dabei mit Esther Lok (ehemalige Flexbüro-Managerin) und Ernst van Apeldoorn (ehemaliger Pflegedienstleiter), die das Projekt von Seite BvFO begleiteten, zusammengearbeitet. Loran Noteboom übernahm die Gesamtkoordination und das Flex-Marketing, und war für die externe Projektgruppe endverantwortlich.“

Die Stärke von BvFO

Pieter: „Die Stärken von BvFO sind das große Fachwissen und die Erfahrung bei der Einrichtung und Planung von Flex-Prozessen einerseits und der Durchführung von Arbeitsmarktkampagnen andererseits. Sie geben ihr Fachwissen weiter und erstellen Leitfäden, die wir selbst anwenden können. Loran hat viel Erfahrung mit Krankenhäusern. Ein forensisches Institut ist allerdings eine andere Hausnummer. Es gibt viele Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede, und das war auch für ihn ein Lernprozess. Der Projektansatz, verschiedene Gruppen und Disziplinen zusammenzubringen, hat sich sehr bewährt. In einem solchen Prozess gibt es immer Reibepunkte. Diese wurden ausführlich erörtert. BvFO sorgte dafür, dass jeder Prozess konsequent und vollständig abgeschlossen wurde und sich in den Leitfäden niederschlug.“

Dara: „BvFO geht sehr methodisch vor. Sie verfolgen sehr stark einen ganzheitlichen Ansatz. Nichts wird vergessen. Aber es ist nicht so, dass sie uns ihre Idee überstülpen. Sie haben ihre Idee so gestaltet, dass sie zu dem passt, was wir bereits im Haus haben und wo unsere Bedürfnisse liegen, aber mit einer starken Verknüpfung zu ihrem Wissen und ihrer Erfahrung.

Äußerst erfolgreiche Arbeitsmarktkampagne

Pieter: „Aufgrund der starken Arbeitsmarktkampagne, die Diny, Kevin und Lisa von BvFO zusammen mit unserer Kommunikationsabteilung entwickelt haben, hatten wir einen viel größeren Zustrom neuer MItarbeiter als erwartet. Wir haben am Arbeitsmarkt Zielgruppen erschlossen, die wir sonst nie angesprochen oder eingestellt hätten.“

Dara: „Der große Unterschied zu anderen Kampagnen besteht darin, dass wir die Menschen dieses Mal wirklich als Individuen angesprochen haben. Die Botschaft lautet: „Du hast ein Privatleben und das ist sehr wichtig. Wenn du trotzdem Zeit hast, dann komme doch zu uns“. Das spricht die Menschen wirklich an. In den Niederlanden gibt es mehr Teilzeitbeschäftigte als je zuvor, von denen jeder seine eigenen Wünsche in Bezug auf seine Arbeitszeiten hat. Das ist die neue Realität, oder „das neue Arbeiten“. Das wollten wir bislang nicht wahrhaben, weil wir große Verträge für gut hielten und dachten, dass sie mehr Kontinuität bieten. Aber jetzt, wo wir es einmal anders probieren, wachsen wir außergewöhnlich schnell. Die Arbeitsmarktkampagne wurde im Juni 2022 gestartet, und am 1. Juli begannen wir schon mit den ersten Vorstellungsgesprächen. Heute (November 2022) sind wir bei 32 Vollzeitäquivalenten, verteilt auf 54 Personen.“

Verbindung bleibt wichtig

Dara: „Um die so wichtige Verbindung zu den Patienten herzustellen und aufrechtzuerhalten, schaffen wir vor allem regionale Pools. Der Pool in Den Haag besteht zum Beispiel aus 15 Personen, die alle Schichten in den verschiedenen Abteilungen bedienen. Patienten sehen also nur 15 verschiedene Gesichter, die sich auch gut in die Teams eingliedern. Außerdem nehmen sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten von einer Abteilung zur anderen mit.“

Pieter: „Wahrscheinlich wird die Erfahrung zeigen, dass diese Kollegen sich irgendwann in bestimmten Bereichen so gut auskennen, dass sie dort gern eine Weile verbleiben. Auch das ist wichtig. Sie sind von Flex & More, aber sie sollten sich auch als Teil der Teams fühlen, und es sollte auch hier keine Unterschiede geben.“

Flexibel und mehr

Dara: „Im More-Teil von Flex & More geht es darum, sich in einem Arbeitsbereich weiterzuentwickeln, zu schnuppern und auszuprobieren. Menschen, die eine feste Stelle haben, aber gern einmal in einem anderen Bereich schnuppern möchten, tun das oft nicht -  aus Angst, dass sie Ihre Stelle verlieren,. Wir bieten jetzt ein Austauschprogramm an und können eine Vertretung aus dem Pool von Flex & More holen. So binden wir die Menschen auch an uns: Sie dürfen und können mehr tun“.

Pieter: „Einige Mitarbeiter stehen unter erheblichem Stress, weil die Arbeit sehr anstrengend ist. Wenn die Dinge eine Zeit lang nicht so laufen, wie sie sollen, können sie eventuell eine Zeit lang in einer anderen Abteilung arbeiten. Wir versuchen, auch das normaler zu machen. Die Teamleiter besprechen die Möglichkeit vermehrt mit den Mitarbeitern: ,Wäre es eine Idee für dich, über Flex & More eine Zeit lang etwas anderes innerhalb von Fivoor zu machen?‘ “

Weniger Fehlzeiten

Pieter: „Aus dem Vorstand kam die Frage, was wir gegen Fehlzeiten unternehmen werden. Denn die sind sehr hoch. Ich sagte: „Ich bin überzeugt, dass, wenn Flex & More erst einmal richtig läuft, der Arbeitsdruck abnehmen wird, und das wird zu weniger Fehlzeiten führen“. Wir können immer auf den Betriebsarzt verweisen, aber wir müssen auch auf uns selbst schauen. Wie haben wir unsere Arbeit organisiert?“

Dara: „Als Mitarbeiter weiß man, dass durch Flex & More im Falle eines Ausfalls die zweite oder dritte Person im Dienst bereitgestellt wird. Der Flex & More-Mitarbeiter ist nie für die Schicht erstverantwortlich. Das Versprechen lautet also:„Wenn du eine Zeit lang in einem ruhigeren Bereich arbeiten möchtest, kannst du das über Flex & More tun, wo du immer die letzte oder vorletzte Person im Dienst sein wirst“. Das ist eine ganz andere Arbeitsbelastung als das Gefühl, für die ganze Schicht verantwortlich sein zu müssen. Wir haben jetzt zum Beispiel eine Wiedereingliederungskandidatin, die an ihrer eigenen Arbeitsstelle aufgrund der Umstände nicht einsetzbar ist. Sie wird jetzt durch Flex and More in anderen Bereichen wiedereingegliedert.“

Wachstum und Lernprozess

Pieter: „Die Umstellung auf diese Arbeitsweise ist ein sehr radikaler Prozess. Nicht nur die Umstellung auf einen Flex-Betrieb. Wir prüfen auch, wie unser Einsatz überhaupt organisiert ist und wie wir mit dem Kapazitätsmanagement umgehen.

Wir haben die beiden externen Mitarbeiter von BvFO, Esther und Ernst, gebeten, den Kapazitätsmanagement- und -planungsprozess mitzugestalten und als Berater im Hintergrund zu fungieren. Lisa und Kevin werden die Arbeitsmarktkampagne mindestens bis Juli 2023 weiter überwachen und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.“

Dara: „Außerdem arbeiten wir weiterhin an der Weiterentwicklung von More, insbesondere der Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten für unsere Quereinsteiger. Wir werden auch interne „Kundengespräche“ mit den Abteilungsleitern führen, damit sie viel mehr in die Zukunft investieren, anstatt sich mit der Planung für die nächsten 48 Stunden zu beschäftigen. Letztendlich wird dadurch auch der Druck auf die Ad-hoc-Dienstpläne verringert. Denn wenn man das richtige Maß an Sicherheit, Stabilität und Erfahrung der Menschen langfristig sicherstellt, lassen sich Ad-hoc-Bedarfe leichter abdecken.

Pieter: „Das ist auch für uns ein Lernprozess. Wir können in unserem Elfenbeinturm im Hauptsitz Poortugaal eine Dose mit flexiblen Arbeitskräften öffnen, aber wir müssen mit unseren großen Bereichen ins Gespräch kommen. Damit müssen wir Erfahrungen sammeln.“

Wir stellen etwas wirklich Gutes auf die Beine

Pieter:„Ich habe mit dem Direktor des Bereiches Maßregelvollzug gesprochen, einer Abteilung, in der früher viele Zeitarbeitskräfte beschäftigt waren, und er äußerte sich sehr positiv. ,Das wird mir wirklich helfen‘, sagte er. Für mich selbst ist der Mai ein Richtwert. Wenn das Zusammenspiel von Kapazitätsplanung und Flex & More gelungen ist und ich im Sommer meine Ruhe habe, dann haben wir wirklich etwas Schönes geschaffen.“

Dara: „Und etwas Neues. Eine andere Art, mit Arbeit und den Menschen, die sie erledigen müssen, umzugehen.“

 

 

 


Quelle: Frei ist Frei