„Systemische Flexibilisierung ist vor allem ein dynamischer Prozess, wobei Wissen und Erfahrung von außen nahezu unabdingbar sind, um die Herausforderung nach innen strukturell umzusetzen.“
Nebeneffekt des Projekts: neue strukturelle Zusammenarbeit von vier Krankenhäusern der Franziskus Stiftung Münster

November, 2021

Es war genau vor einem Jahr, als die St. Franziskus-Stiftung die Noteboom & Van der Meulen Unternehmensberatung beauftragt hat, in ihren vier Krankenhäusern in der Region Hamm-Ahlen-Beckum das Konzept der systemischen Flexibilisierung des Personaleinsatzes in der Pflege zu realisieren. Die Einführung dieses Konzeptes unter dem Namen ‚Frei-ist-Frei‘ erfolgte in Form eines ausgefeilten, begleiteten Projektes.

Rechts Herr Potysch, Geschäftsführer und links Herr Alberti,
Pflegedirektor St. Barbara-Klinik in Hamm

Wir treffen uns mit den Auftraggebern Herrn Potysch, Geschäftsführer und Herrn Alberti, Pflegedirektor, beide verantwortlich für die St. Barbara-Klinik und das St. Josef Krankenhaus in Hamm.
Drei Themen reflektieren wir mit den beiden Herren:
- wie sie zur Beauftragung an den externen Berater gekommen sind
- die neue Zusammenarbeit im Rahmen
 dieses Projektes, zwischen den vier
 regionalen Krankenhäusern
- ihre Sicht auf die (nahe) Zukunft.

 

Interne Ressourcen und der Mehrwert des externen Beraterteams

Herr Potysch erklärt zunächst, dass in der St. Barbara-Klinik zwei Projekte direkt zur Entscheidung geführt haben, die externen Berater von Noteboom & Van der Meulen einzuladen. Zum einen wurde die Aufbauorganisation in der Pflege strukturiert evaluiert und eine Befragung unter den Führungskräften in der Pflege durchgeführt. Zum anderen wurde die Frage aufgegriffen, welches die größten Zeitfresser sind. Auch bei anderen wurde abgefragt, was den größten Unmut bei den Mitarbeitern auslöst.
In beiden Untersuchungen kam heraus, dass die Kompensation von Ausfällen für die Leitungskräfte und das Einspringen oder Dienstplanänderungen für die Mitarbeiter die größten Probleme darstellen.

Herr Alberti bestätigt das und ergänzt: „Was wir dann allerdings gleich erkannt haben, war, dass wir gar nicht die internen Ressourcen hatten, um selbst unseren Bedarf von ca. 60 bis 70 neuen Mitarbeitern im Arbeitsmarkt zu gewinnen - weder zeitlich noch in Wissen und Erfahrung. Neben der Mitarbeiterbindung gewinnt das gezielte Recruiting als wichtiges strategisches Element immer mehr an Bedeutung. Wir haben im Jahr 2019 schon einmal mit den Kollegen und Kolleginnen in Ahlen und Beckum versucht, gemeinsam eine regionale Mitarbeitergewinnung anstelle einzelner Werbeversuche pro Haus vorzunehmen. Da kann ich mich aber kurzfassen: es ist uns nicht zufriedenstellend gelungen. Wir haben schnell gemerkt, dass es zentrale Strukturen braucht, um hausübergreifend so ein Projekt durchzuführen.

Herr Potysch betont, dass er es immens wichtig findet, in die Ressource ‚Mensch‘ zu investieren. Hier muss die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und somit die Attraktivität als Arbeitergeber in den Mittelpunkt gerückt werden.

 „Also,“, so setzt Herr Potysch fort, „auf dem Weg zu einer gemeinsamen regionalen Lösung gegen den Personalmangel und, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden, habe ich vorgeschlagen, mit den Herren der Unternehmensberatung Noteboom & Van der Meulen ins Gespräch zu kommen. Ich kannte deren Beratungsarbeit aus Bonn und habe gehört, wie dort die GFO Kliniken das „Frei-ist-frei“ Konzept mit systemischer Flexibilisierung erfolgreich umgesetzt haben. Sie haben viele neue Zielgruppen am Arbeitsmarkt angesprochen und neue Mitarbeiter eingestellt. Ihr „Frei-ist-frei“-Konzept basiert auf dem Prinzip, eine Flexreserve mit ausreichendem Umfang aufzubauen. Ich war und bin nach wie vor sehr davon überzeugt, dass dies wirklich das Konzept der Zukunft ist – vom Marketingansatz über den organisatorischen Aufbau bis zum operativen Management“.

Zu Beginn sind einige Kollegen verständlicher Weise noch skeptisch gewesen. In Ahlen gab es schon einen Flexpool und das Haus in Beckum verfolgte bereits ein anderes erfolgreiches Model beim Ausfallmanagement. Der Pool in Ahlen ist aber zu klein gewesen und nicht systemisch aufgebaut. Weiterhin wurde das alte Ausfallkonzept sowohl in Ahlen als auch in Beckum immer wieder nur innerhalb weniger Stationen umgesetzt. „Im Grunde waren wir uns einig“, sagt Herr Alberti. „Schlussfolgerung war, dass externe Erfahrung und Wissen unabdingbar waren, um die Herausforderung strukturell anzugehen. Nach einem Gespräch mit der Noteboom & Van der Meulen Unternehmensberatung und der Vorstellung des Konzeptes mit seinem Ablauf waren alle überzeugt. Die beiden haben ihr „Frei-ist-frei“-Team bei uns reingebracht und im Rahmen einer transparenten Projektstruktur das ganze Projekt zusammen mit uns umgesetzt.
Ohne diese externe Feldkompetenz hätten wir vielleicht nur ein Drittel der Ergebnisse geschafft.“, erklärt Alberti. „Und das gilt nicht nur für die Anzahl der neu eingestellten Mitarbeiter. Wir bauen eine regionale und auf die Größe und Bedarfe der beteiligten Häuser abgestimmte, flexible Reserve in einem neuen Flexteam auf. Bereits jetzt haben wir innerhalb eines halben Jahres 34 VK im Flexteam hinzugewonnen, auf welche bei Ausfällen und Abwesenheiten zugegriffen werden kann. In jeder Hinsicht bedeutet das eine bessere Planbarkeit der Arbeit.“

Eine extra Herausforderung in diesem Projekt ist noch dazu gekommen, nämlich, dass zum ersten Mal die vier Krankenhäuser in Hamm, Ahlen und Beckum strukturell zusammenarbeiten mussten, interdisziplinär und auf mehreren Ebenen. Herr Potysch sagt dazu: „Da hat Herr Noteboom doch den Unterschied gemacht. Er hat wirklich alle Projektbeteiligten in den vier Häusern immer wieder mit einbezogen und auf Kurs gehalten“. 

 

Herr Potysch, Geschäftsführer

St. Barbara-Klinik Hamm

Neue regionale Zusammenarbeit der vier Krankenhäuser 

Es war schon fast symptomatisch, dass sich die Projektmitglieder der Krankenhäuser zu Beginn des Projektes gar nicht kannten und wenn namentlich, dann fehlte das Gesicht dazu. „Strukturell sind wir Teile des gleichen Trägers, der St. Franziskus-Stiftung, aber gesellschaftsrechtlich sind wir eigenständige GmbHs und damit selbstverantwortlich. Dieses Projekt erforderte jedoch echte Zusammenarbeit sowohl innerhalb der Pflege als auch interdisziplinär, also mit den Personalabteilungen, den Mitarbeitervertretungen und den unterschiedlichen Verantwortlichen aus Marketing und Unternehmenskommunikation“, so Potysch. „Dieses Projekt war eher das ‚Kick-off‘ der Zusammenarbeit und das hat uns mittlerweile schon viel Gutes eingebracht.“

Als Antwort auf die Frage, was sich genau verbessert hat und wer davon profitieren konnte, sind sich die beiden Manager einig:  Es hat viel mehr als nur den Aufbau eines Flexteams hervorgebracht. Die neue Art der Zusammenarbeit zwischen den vier Häusern hat die Kultur berührt und die Werte der St. Franziskus-Stiftung ins Bewusstsein gerückt. Über viele Möglichkeiten zur Verbesserung wird nun gemeinsam nachgedacht. Die Mitarbeiter spüren das. So steht zum Beispiel ein neuer, schnellerer Recruitment-Prozess prominent auf der Agenda aller vier Häuser. Und es geht über den Bereich der Pflege hinaus. So haben wir beispielsweise einen Neurologen in der Stiftung, der sowohl in Hamm als auch in Ahlen praktiziert und so nicht zuletzt für einen fachlichen Wissenstransfer sorgt. Das kommt letztendlich auch den Patienten zugute.

 

Herr Alberti, Pflegedirektor St. Barbara-Klinik Hamm

Alberti zu diesem Thema: „Dadurch ist auf jeden Fall eine bessere Vernetzung entstanden.  Von Anfang an war ich selbst beteiligt, genauso wie meine Kollegen in den Pflegedirektionen in Ahlen und Beckum. Wir haben von Anfang an transparent die Ziele des Projektes im Haus kommuniziert. Das hat dazu geführt, dass die Beteiligung und Akzeptanz im Projekt sehr hoch gewesen ist. Viele wollten mitmachen.“  

Potysch meint zudem, dass mehr gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wurde, die Häuser haben einander immer weniger als Wettbewerber empfunden. Alle arbeiten jetzt in Bezug auf das Flexteam zusammen und auch in vielerlei anderer Hinsicht. Auf mehreren Ebenen gibt es jetzt strukturell Abstimmungstermine. „All diese Verbesserungen und der konstruktive Wissenstransfer machen uns zu einem attraktiven Arbeitgeber“, so Potysch. „Das sehe ich auch als einen der wichtigsten Nebeneffekte dieses Projektes.“ In diesem Zusammenhang spricht er seine Liste mit den wichtigsten fünf positiven Effekten an, die er auch gerne veröffentlicht:

 

  1. Arbeitsmarktkommunikation: Entdeckung vieler neuer Zielgruppen, die sich am Arbeitsmarkt finden und konkret ansprechen lassen
  2. Recruitment und Einstellung: die Beschleunigung und Digitalisierung der internen Prozesse
  3. Planung: die verbesserte Abstimmung zwischen Bedarf und Einsatz
  4. Arbeitgeberattraktivität: Die stabileren Dienstpläne und damit die Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber
  5. Kultur: Die regionale Zusammenarbeit der vier Häuser in echter Kooperation

 

Als sechsten Punkt betont er noch einmal die wichtige Rolle der internen Kommunikation vor und während des gesamten Projektes: „Wir hatten als Direktion zwei wichtige Gremien um erfolgreich zu sein: den St. Franziskus-Vorstand einerseits und alle unsere Mitarbeiter, über ihre Teamleitungen und Pflegedienstleitungen andererseits. Mit allen sind wir immer im Gespräch geblieben, damit sich keiner abgehängt fühlt. Das hat in Zeiten von Corona zwar viel Extra-Aufwand gekostet, aber es ist uns dennoch gut gelungen, denke ich.“
Alberti bestätigt das: „Man sieht das regionale Zusammenwachsen auf mehreren Ebenen und ich höre ebenfalls viel positives Feedback über das neue Flexteam. Es hat schon einen Umfang gewonnen, der bereits Entlastung bringt, dass es auf den Stationen Wirkung zeigt und die Arbeitsbelastung in den Teams beginnt, entspannt zu werden. Es wird immer besser, erst recht, wenn wir das Flexteam weiter ausbauen.“

Wir nehmen das zum Anlass, zum Schluss auch noch den Blick in die Zukunft zu richten:

 

Stichwort „Zukunftsfähigkeit“

Tatsächlich ist jetzt alles intern von und für die vier Krankenhäuser der St. Franziskus-Stiftung in der Region Hamm-Ahlen-Beckum organisiert: das Flexbüro ist eingerichtet, die internen Prozesse bezüglich Rekrutierung und Planung von Flex-Mitarbeitern sind organisiert, die Stationen sind organisatorisch gut auf die neuen Flexkolleginnen und -kollegen eingestellt und eine intensive online und offline Arbeitsmarktkampagne mit einer „Flex-Botschaft“ läuft.

Das Flexbüro liegt in direkter Verantwortung von Herrn Alberti. Bei allen wichtigen Fragen stimmt er sich aber immer mit den Kollegen in den anderen Häusern ab. Seinen zukünftigen Fokus beschreibt er gerne wie folgt: „nach Quantität folgt nun Qualität. Ich bin sehr zufrieden mit der Anzahl neuer Flex-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Wir haben zum Beispiel einige Fachkräfte aus der Altenpflege gefunden, die einen Wechsel ins Krankenhaus angestrebt haben, und dies aus zwei Gründen – Dienstplanstabilität und persönliche berufliche Entwicklung. Das Flexteam hat dies ermöglichen können, weil neue Kolleginnen und Kollegen dort zunächst in Ruhe in die verschiedenen Fachbereiche ‚reinschnuppern‘ konnten. Im nächsten Schritt werden wir gut analysieren, wo und wann wir welche Qualifikationen im System benötigen und welche Arbeits- und Entwicklungsangebote wir in den Arbeitsmarkt setzen. Das Ganze soll genau auf den Bedarf unserer Stationen abgestimmt werden. Die Instrumente dafür haben wir jetzt.“

„Genau“, ergänzt Herr Potysch, „kenne den Bedarf! Das interne Accountmanagement ist einer der wichtigsten Aufgaben in der Verantwortlichkeit des Flexbüros.  In der Projektnachsorge greift unser Berater Herr Noteboom das Thema zur organisatorischen Verankerung auf. Er wird die Mitarbeiter im Flexbüro dazu persönlich schulen und coachen. Der Umgang mit den Stationen und welche Themen die wirklich wichtigen hinsichtlich des Aufbaus, der Planung und der Bedarfsdeckung sind, will gelernt sein. Auch die Planungsprozesse rund um das operative Ausfallmanagement mit einer kurz-, mittel- und langfristigen Flexplanung gehört dazu. Im gleichen Nachsorgeprozess wird er auch HR-Aufgaben besprechen, damit sind die Entwicklungsmöglichkeiten, welche wir unseren Flex-Mitarbeitern bieten können, gemeint.“

 

Flexteam als strategisches Instrument

„Von der Noteboom & Van der Meulen Unternehmensberatung haben wir gelernt, dass das Flexteam nicht nur ein systemisch aufgebautes, operatives Werkzeug für das Ausfallmanagement ist, sondern auch ein starkes strategisches Instrument.“ Herr Potysch bringt damit zum Ausdruck, dass er auch im kommenden Jahr auf die Unterstützung von Herrn Noteboom zurückgreifen möchte. Für ihn ist das Flexteam nicht nur eine attraktive niedrigschwellige Einstiegmöglichkeit für Mitarbeitende in der Pflege. Er ist davon überzeugt, dass Flexibilisierung dieser Art vor allem auch ein dynamischer fortlaufender Prozess innerhalb der ganzen Unternehmung - und in seinem Fall betrifft es vier beteiligte Krankenhäuser - ist.  „Wir kennen jetzt unsere Bedarfe viel besser und haben ein neues Ziel: 20% Flexibilisierung des Personaleinsatzes in der Pflege. Wir streben also Wachstum von 40 auf 75 VK im Flexteam an. Wenn das, inklusive der kurz-, mittel- und langfristigen Planungsprozesse implementiert wird, dann ist das ganze Unternehmen involviert. Es führt zu noch mehr Verbesserungsmöglichkeiten in der strategischen Personalplanung.“
Alberti stimmt seinem Kollegen uneingeschränkt zu und erklärt: „Auch dazu werde ich die Unterstützung durch die Herren Noteboom und Van der Meulen im Nachsorgeprozess suchen. Was mich betrifft, ich bin überzeugt, dass unser Unternehmen da gut aufgehoben ist.“

Zum Schluss beschreibt Herr Potysch noch, wie er sich den Nachsorgeprozess eigentlich genau vorstellt: „Eigentlich, als wären wir, die St. Franziskus ein Sportwagen und die Herren Noteboom und Van der Meulen stehen als Ingenieure bereit um unser Team ein optimales Rennen damit fahren zu lassen. Denn jedes Auto braucht auch seine Wartung“, so beendet Potysch unser Interview.


Quelle: Frei ist Frei